Vision
Liebe Leser und Interessierte,
ich glaube jedem Menschen wohnt der Wunsch nach einem zufriedenen, erfüllten und glücklichen Leben inne. Die von mir gegründete Akademie Aidenried ist Ausdruck meiner Sichtweise, dass das nur möglich ist, wenn wir unsere Endlichkeit, unser Sterben und unseren Tod nicht verdrängen, sondern akzeptieren und als Teil unserer Existenz verstehen. Mit der Akademie Aidenried möchte ich meinen Teil dazu beitragen, dass ein mitmenschlicher und mitfühlender Umgang im Leben wie im Sterben wieder möglich wird.
Immer wieder werde ich gefragt, wie ich zu dieser Sicht der Dinge komme.
Begonnen hat alles in meiner Kindheit. Mein Großvater war ein Bestattungsunternehmer, mein Vater hatte eine nebenberufliche Tätigkeit als Mesner und so bin ich im Umfeld von Kirche und neben einem Friedhofes aufgewachsen. Somit waren Geburt, wie auch Sterben, Tod und Trauer für mich allgegenwärtig und ein integraler Bestandteil meines Lebens. Beides gehörte für mich auf eine natürliche Weise ganz einfach zusammen.
Was ich in späteren Jahren in meiner Umgebung wahrnahm, war etwas völlig anderes. Tod, Sterben, Trauer und damit die eigene Endlichkeit wurden von vielen Menschen systematisch verdrängt. Es herrschte ein Jugendlichkeits- und Schönheitswahn für den keine Mühen und keine Kosten gescheut wurden. Und trotzdem (oder besser genau deswegen) hatte ich das Gefühl, das den Menschen in meiner Umgebung etwas fehlte. Was ich oft wahrnahm war Leere, Unzufriedenheit und Sinnentleertheit.
Ich wollte und konnte das für mich persönlich nicht akzeptieren. Aus diesem Grund beschloss ich mich intensiver mit dem Leben und damit auch dem Sterben auseinander zu setzen. Ich besuchte 2001 das Studienprogramm „Spiritual Care“ von Christine Longacker.
Von diesem Moment an war es mir eine Herzensangelegenheit, das Wissen von Werden und Vergehen, vom Geboren werden und vom Sterben, in unsere Gesellschaft zu tragen. Mein Ziel war und ist es meinen Teil dafür zu leisten, dass dieses essentielle Thema aus der Tabuzone herausgeholt wird. Mein Anliegen ist mehr Menschlichkeit und Mitgefühl im alltäglichen Miteinander. Im Speziellen jedoch mit Sterbenden und Trauernden.
Ich arbeitete ehrenamtlich in einem Kriseninterventionsteam, engagierte mich in der Folge bei den verwaisten Eltern und arbeitete als Trauerbegleiterin. In dieser Zeit erkannte ich wie hilflos Menschen inzwischen sind, wenn jemand trauert oder stirbt. Ich musste immer wieder feststellen, dass Menschen komplett aus der Bahn geworfen werden und schwere Traumata erleiden, wenn sie plötzlich mit dem Tod konfrontiert werden. Erschwerend kommt hinzu, dass sich häufig auch noch die Menschen aus dem sozialen Umfeld abwenden und wenig bis kein Verständnis für deren Sterbe- oder Trauerprozess zeigen.
Meine Wahrnehmungen:
Sterben und Tod wird verdrängt. Wenn man irgendwann selbst betroffen ist, ist die Erschütterung darüber so groß, dass eine Rückkehr in ein sinnerfülltes und glückliches Leben oftmals Jahre dauert oder gar nicht mehr gelingt.
Die Sterbenden und Toten und damit die Auseinandersetzung mit der eigenen Vergänglichkeit werden so schnell wie möglich abgeschoben.
Die Gesellschaft akzeptiert den nötigen Trauerprozess und die dafür erforderliche Zeit nicht mehr.
Trauer wird nicht als ein natürlicher Vorgang begriffen, sondern als Krankheit. In der Folge werden gesunde Menschen mit unabsehbaren negativen Auswirkungen therapiert.
Aufgrund dieser Erfahrungen reifte in mir der Gedanke die Akademie Aidenried zu gründen. Ziel war und ist es, Krisen, Sterben, Tod und Trauer als integralen und unvermeidlichen Teil unseres Lebens wieder in unser Bewusstsein zu rufen. Durch die Auseinandersetzung mit diesen Themen möchte ich einen humanen und mitfühlenden Umgang mit diesen, für alle Menschen existentiellen Themen, wieder möglich machen.
Es ist meine zu tiefste Überzeugung, dass ein sinnerfülltes und glückliches Dasein nur möglich ist, wenn wir das Leben wieder als das Begreifen was es ist. Ein ewiges Werden und Vergehen. Das Verständnis und Begreifen dieser Realität hat eine extrem positive Wirkung auf den Menschen und ermöglicht so ein bewusstes und achtsames Leben für sich selbst und andere.
Mit der Akademie Aidenried möchte ich Menschen die Möglichkeit und den Raum gewähren, sich auf einer persönlichen und spirituellen Ebene mit den Gesetzmäßigkeiten von Leben und Sterben auseinanderzusetzen und somit die eigene Vergänglichkeit als Realität zu begreifen und daran zu reifen.
Herzlichst,
Ihre Gudrun Huber
Gründerin und Inhaberin der Akademie Aidenried
Initiatorin des gemeinnützigen Vereins „Marienkäfer e.V“ (www.marien-kaefer.org) für trauernde Kinder und Jugendliche.
Manifest
Panta Rhei
(πάντα ῥεῖ)
Alles fliesst und nichts bleibt, es gibt kein eigentliches Sein,
sondern nur ein ewiges Werden und Wandeln (Platon)
Die Werte in unserer Gesellschaft sowie kulturelle Prägungen werden auch davon abhängig sein, ob die Gesellschaft das Sterben, den Tod, die Trauer und daraus entstehende Krisen akzeptieren kann und die Verantwortung nicht weitgehend an Pflegeheime, Hospiz- und palliative Einrichtungen abgibt.
Die Qualität unserer Menschlichkeit ist auch daran zu messen, ob sich unsere Gesellschaft zutraut, im Umgang mit Sterben, Tod, Verlust, Trauer und Krisen neue Wege mit alten Werten zu gehen.
Die Qualität unserer Einstellung und Haltung zum Tod und den daraus entstehenden Krisen wird in Zukunft auch daran zu messen sein, ob wir den Tod als eine natürliche Gegebenheit in unser Leben integrieren.
Der Tod kümmert sich nicht um Alter, Geschlecht, Herkunft und Rasse.
Die Qualität von kompetenten Mitarbeitern wird in Zukunft auch daran gemessen werden, wie sie das Sterben und den Tod ihrer Patienten und Bewohnern begleiten und verarbeiten.
Die Qualität von Kliniken, Pflegeheimen, sozialen Einrichtungen und Arztpraxen wird in Zukunft auch daran gemessen werden, wie sie mit ihren Sterbenden umgehen.
Die Qualitätsstandards für unsere Menschlichkeit und der Umgang mit Sterben, Tod und Trauer liegen in der Verantwortung eines jeden einzelnen von uns.
Dieses Manifest ist urheberrechtlich geschützt (Autorin Gudrun Huber, 2008-2016) .